Eleni Torossi – die Autorin der Toleranz und Offenheit
Es war abzusehen und trotzdem hat es uns getroffen. Es war zu früh, viel zu früh. Die Schriftstellerin und Journalistin Eleni Torossi starb am 9. Oktober im Alter von 75 Jahren in ihrer Geburtsstadt Athen. Dort verbrachte die deutsch-griechische Autorin ihre letzten Jahre.
Athen und München – das waren die beiden wichtigsten Städte ihres Lebens. Nach München kam sie 1968 wegen der Militärdiktatur in Griechenland. Sie studierte Politikwissenschaften an der Hochschule für Politik in München. 1971 stieg sie in den Journalismus ein, beim Bayrischen Rundfunk. Zunächst beim Griechischen Programm, dann für alle.
Die Journalistin
Reportagen, Kulturbeiträge, Kindergeschichten, Hörspiele und vieles mehr schrieb Eleni in all den Jahren. Nicht nur für den BR, sondern auch für viele andere Rundfunkhäuser. Sie war eine der ersten, die auf Deutsch schrieb – für uns angehenden Journalistinnen und Journalisten mit dem berühmten Migrationshintergrund ein Vorbild. Wir sahen: es ist möglich.
Für ihr journalistisches Schaffen wurde sie u.a. 2006 mit einem der wichtigsten Preise geehrt: den Civis-Medienpreis: für ein Feature über die Kinder der Gastarbeiter, die zurückblieben, während ihre Eltern in Deutschland arbeiteten.
Die Schriftstellerin
Beim Schreiben galt ihre Liebe nicht nur dem Journalismus, sondern auch dem fiktionalen Erzählen: mit Kindergeschichten fing es an. Gleich ihr erstes Buch, „Tanz der Tintenfische“, wurde in die Empfehlungsliste der STIFTUNG LESEN aufgenommen.
Ihre Erzählung „Die Papierschiffe“ von 1990 wurde im Auftrag des ZDF verfilmt. Bei ihr tanzten nicht nur die Tintenfische oder die Tausendfüßler, es sangen und stritten sich die Melonen und die Feigen, Prinzen verliebten sich in Hexen.
Eleni Torossi begeisterte mit ihren eigenwilligen Geschichten und Märchen Erwachsene, Jugendliche und Kinder gleichermaßen. Sie warb mit Phantasie und poetischer Kraft pointiert und unterhaltsam für Individualität und Toleranz. Das durchzog all ihre Erzählungen.
Ihre Sprache
Eleni Torossi schrieb zunächst auf Deutsch. „Ich hatte das Gefühl, das war die Sprache meiner Emanzipation“, sagte sie in einem Interview. In der Griechischen fühlte sie sich lange Zeit blockiert, die Deutsche eroberte sie sich, meinte sie. Als sie es sich dann endlich traute, auch auf Griechisch zu schreiben, bekam sie dafür prompt einen Preis. Die Begründung der Jury: ihre frische Sprache. Durch den Abstand gewann sie eben einen anderen Zugang zum Griechischen.
Irgendwann ließ Eleni Torossi die Kinderbücher hinter sich und begann sich stärker mit der eigenen Geschichte zu befassen. Das Ergebnis: ein berührendes Buch über das Aufwachsen mit einer gehörlosen Mutter. Über die Kommunikation, die mit den Augen, den Lippen- und Handbewegungen und vielen, vielen kleinen Zetteln zustande kam. Dieser autobiografische Roman gehört zu den schönsten Texten von ihr. Ein Teil des Manuskripts lag lange in ihrer Schublade.
Witz und Humor begleiteten ihr literarisches Schaffen und kamen unter anderem zum Ausdruck im Buch „Warum Tante Iphigenia mir einen Koch schenkte“. Diese Geschichten basierten auf lustigen Erzählungen, die sie für den BR geschrieben hatte und die immer mit einem Kochrezept endeten.

Für Kalimera e.V. kam sie zwei Mal nach Stuttgart: 2010 mit „Tante Iphigenia“ und 2015 mit „Als ich dir zeigte, wie die Welt klingt“, dem Buch über ihre Mutter. Ihre klugen Gedanken, ihre Offenheit und ihr Charme werden uns fehlen.
Anna Koktsidou